Google Ads ist ein mächtiges Werkzeug für Unternehmen, die online sichtbar sein wollen. Es gibt viele Experten, einige versprechen wahnsinnig viel und heben AdWords praktisch zu einer Gelddruckmaschine.

Doch wer sich länger mit der Plattform beschäftigt, merkt schnell: Nicht alle Empfehlungen, die Google selbst innerhalb des Systems ausspricht, sind im Interesse der Werbetreibenden. Im Gegenteil: Viele dieser Vorschläge dienen hauptsächlich einem Ziel – Googles eigenen Umsatz zu steigern.

Empfehlungen, die teuer werden können

Wer ein aktives Google Ads-Konto betreibt, kennt das Prinzip: In der Kampagnenübersicht erscheint regelmäßig ein sogenannter „Optimierungsfaktor“, meist zwischen 60 und 100 Prozent. Dazu liefert Google Vorschläge wie:

  • Erhöhen Sie Ihr Tagesbudget
  • Setzen Sie einen höheren Ziel-ROAS
  • Aktivieren Sie zusätzliche Keywords oder Zielgruppen
  • Verwenden Sie mehr automatische Gebotsstrategien

Was auf den ersten Blick sinnvoll erscheint, ist in der Praxis oft riskant. Denn viele dieser Empfehlungen folgen keinem betriebswirtschaftlichen Kalkül, sondern einem rein algorithmischen: Google möchte mehr Daten, mehr Klicks und damit mehr Werbeumsatz generieren. Dass dabei der Werbetreibende am Ende womöglich mit schlechteren Conversion-Raten oder höheren Kosten dasteht, wird billigend in Kauf genommen.

Ziel-ROAS: Zwischen Theorie und Realität

Besonders deutlich wird das bei der sogenannten Ziel-ROAS-Strategie (Return on Ad Spend). Google empfiehlt hier oft unrealistisch hohe Werte wie 250 oder gar 300 Prozent, gerade bei geringen Budgets. In der Theorie klingt das verlockend: Aus 1 € sollen 2,50 € oder mehr werden. In der Praxis führt ein zu hoher Ziel-ROAS aber dazu, dass Google die Ausspielung drosselt, weil „zu gute“ Kunden nicht ausreichend vorhanden sind. Das Ergebnis: Das Budget wird nicht ausgeschöpft, der Shop bleibt unsichtbar, der Umsatz bleibt aus.

Viele kleinere Shops und Selbstständige berichten Ähnliches: Sobald sie dem Vorschlag folgen, steigen zwar kurzfristig die Kennzahlen wie Klickrate oder Sichtbarkeit, aber die Wirtschaftlichkeit leidet. Oft ist ein moderater ROAS-Zielwert von 180 bis 200 Prozent deutlich sinnvoller als ein theoretischer Idealwert, den Google propagiert, ohne den jeweiligen Shop zu kennen. (Hinweis: ich beziehe mich hier nur auf Fälle, die ich erlebt habe. Die Aussage heißt nicht, dass das bei jedem funktioniert)

Automatisierung ist kein Allheilmittel

Auch automatische Gebotsstrategien wie „Maximale Conversionwerte“ oder „Ziel-CPA“ funktionieren nur dann gut, wenn die Datenbasis stark ist. Doch viele kleine Shops haben pro Woche gerade einmal 10 bis 20 Conversions – zu wenig, damit Googles System valide Muster erkennt. Trotzdem empfiehlt Google den Umstieg auf diese Strategien frühzeitig und aggressiv.

Die Folge: Das System testet auf Verdacht, spielt Anzeigen ineffizient aus, die Kosten steigen, die Ergebnisse bleiben aus. Wer sich auf diese Empfehlungen verlässt, verliert nicht selten mehrere Hundert Euro, bevor überhaupt verwertbare Daten entstehen.

Das Google Ads-Partner-Badge: Oft mehr Schein als Qualität

Ein weiterer Aspekt, der oft für Vertrauen sorgt, aber kritisch gesehen werden sollte, ist das sogenannte Google-Partner-Badge. Dieses Abzeichen erhalten Agenturen oder Freelancer, die bestimmte Anforderungen erfüllen – wie etwa einen Mindestumsatz von 10.000 USD Werbebudget innerhalb von 90 Tagen.

Was auf den ersten Blick wie ein Qualitätsnachweis aussieht, ist bei genauerer Betrachtung eher ein Vertriebsinstrument. Denn: Das Partner-Badge sagt nichts darüber aus, ob die Kampagnen effizient laufen, ob Kunden zufrieden sind oder ob wirtschaftlich sinnvoll gearbeitet wird. Es zeigt lediglich, dass regelmäßig Geld über Google Ads ausgegeben wird – und die Agentur bereit ist, Googles Empfehlungen weitgehend zu folgen.

Wer als kleiner Werbetreibender glaubt, mit einer „Google-zertifizierten“ Agentur automatisch auf der sicheren Seite zu sein, kann sich täuschen. Auch hier gilt: Die Interessen von Google und die Interessen der Werbekunden sind nicht immer deckungsgleich.

Lieber kritisches Denken statt blindes Vertrauen

Die Empfehlungen von Google Ads sind kein objektives Coaching, sondern ein Teil der Plattformstrategie. Sie sind so gestaltet, dass sie das System ständig mit frischem Traffic und Budget versorgen – nicht unbedingt, um die Werbekunden erfolgreich zu machen, sondern um Googles eigenen KPIs zu bedienen.

Deshalb gilt: Wer erfolgreich mit Google Ads arbeiten will, muss lernen, die Empfehlungen zu hinterfragen. Nicht alles, was „grün“ markiert ist oder den Optimierungsfaktor steigert, ist automatisch gut für das eigene Business. Wer langfristig denkt, wirtschaftlich rechnet und seine eigenen Zahlen im Blick behält, fährt oft besser als mit blinder Zustimmung zu Googles Vorschlägen. Denn Google Ads ist ein Werkzeug – aber die Richtung bestimmt am Ende der, der es benutzt.